Jeder Windows-Nutzer kennt Minesweeper. Ein neues Buch verrät nun: Microsoft-Gründer Bill Gates war geradezu besessen davon. Bis ein Computer ihm die Highscore stahl.
Es ist eines dieser Spielprinzipien, die eine Art Sog entwickeln können: Wer das einfache Logik-Rätsel Minesweeper für sich entdeckt hat, kommt schwer wieder davon los. Einer der besessensten Fans war schon süchtig nach dem Spiel, bevor es überhaupt veröffentlicht wurde: Microsoft-Gründer Bill Gates. Er soll so sehr nach dem Highscore gejagt haben, dass die Firma einen Trick nutzen musste, um ihn davon loszureißen.
Das berichtet das neue Buch “Minesweeper” des Journalisten Kyle Orland. In einem Ausschnitt, der bei Orlands Arbeitgeber “Ars Technica” veröffentlicht wurde, erläutert der Autor, wie Microsoft sich auch durch das einfache Rätselspiel zu einem der wichtigsten Player auf dem Gaming-Markt entwickelte. Und wie das mit Bill Gates’ Faszination für Minesweeper zusammenhing.
Interner Hit
Das Rätselspiel, in dem man mittels Logik alle Minen auf einem Feld finden muss, war zu Beginn nicht zur Veröffentlichung gedacht. Es handelte sich um ein von den Entwicklern Curt Johnson und Robert Donner geschriebenes Software-Experiment und war ursprünglich ein Testfeld für den Umgang mit der damals noch recht neuen Computermaus. Doch 1990 verbreitete es sich in der Firma wie ein Lauffeuer – und steckte auch Bill Gates an.
“Am Anfang bekam ich eine Mail von Bill, in der erzählte: ‘Ich habe den Einsteigerlevel in zehn Sekunden gelöst. Ist das eine gute Zeit?'”, erinnert sich Manager Bruce Ryan. Er habe ihm geantwortet, dass das sehr gut sei. “Unser interner Rekord sind glaube ich acht Sekunden.” Das habe Gates offenbar angestachelt. “Der Rekord war so nah an seinem, dass er es zu seiner Mission machte, ihn zu schlagen.”
Es war der Anfang einer Obsession. “Bill war süchtig”, sagte Charles Fitzgerald, ein weiterer Microsoft-Manager dem Buchautor. Es sei so schlimm geworden, dass Gates das Programm von seinem Rechner geworfen habe, bestätigte Ryan. Doch selbst das habe ihn nicht davon abgehalten, weiter zu spielen.
Problematisches Spiel-Verhalten von Bill Gates
“Es war Sonntag Nachmittag und ich bekam eine Nachricht von Bill. ‘Ich habe einen neuen Rekord im Büro des Microsoft-Chefs Mike Hallmann gesetzt'”, erinnert sich Ryan. Weil laut einer internen Vereinbarung Rekorde nur galten, wenn ein Dritter das finale Fenster selbst gesehen hatte, musste er und ein Kollege noch Sonntag Abend ins Büro kommen, um den 5-Sekunden-Rekord zu bestätigen. “Da wurde mir erst klar, wie viel Zeit Spiele verschwenden konnten”, erinnert sich Donner, wie er von dem Vorfall erfuhr.
Das Ausmaß des Problems ging auch nicht an der Unternehmensführung vorbei. Melinda French, später als Melinda Gates bekannt, rief Ryan irgendwann in ihr Büro – und hatte eine klare Ansage. “Bitte erzähle Bill nichts mehr von neuen Minesweeper-Rekorden.” Wie sehr er sich in das Spiel hineinsteigere sei nicht mehr hinnehmbar. “Bill hat sehr wichtige Entscheidungen zu treffen und das sollte nicht so viel seiner Zeit in Anspruch nehmen”, klagte sie.
Geschlagen
Doch Ryan hatte eine bessere Idee, wie er Gates von der Rekordjagd abbringen könnte: Er brauchte einen Rekord, der schlicht nicht mehr zu schlagen war. Wie das in der Theorie ging, war ihm schnell klar. Theoretisch sollte es ein Feld geben, das mit einem einzelnen Klick gelöst sein würde. “Dafür müsste man es nur fantastillionen Mal spielen”, so Ryan.
Also machte er sich ans Werk. Er entwickelte ein kleines Hilfs-Programm, das immer wieder ein neues Minesweeper-Feld erstellte und in dieselbe Ecke klickte. Und sofort neu startete. Nur wenn sich das Gewinn-Fenster öffnete, hörte es auf. Dann lies er die Software auf einem eigenen Rechner losackern.
Vier Tage später war der Spuk vorbei: Ryan schickte Gates einen Screenshot mit dem neuen 1-Sekunden-Rekord. “Sorry, dein Fünf-Sekunden-Rekord ist leider dauerhaft geschlagen. Eine Sekunde wirst du denke ich nicht schlagen können”, schrieb er in der E-Mail. Mit einer Antwort habe er nicht gerechnet, erinnert er sich. Doch zu seinem Entsetzen war am nächsten Morgen eine in seinem Postfach. “Es gab damals bei Microsoft wenig furchterregendere Dinge als eine Mail von Bill”, erläutert er seine Angst vor dem Öffnen der Nachricht.
Doch statt sich zu ärgern, nahm der Chef den automatisierten Rekord mit Humor. “Mein kritisches Denken wurde von einem Computer geschlagen. Diese Technologie-Sache geht zu weit”, witzelte Gates. “Wenn Maschinen schneller sind als wir, wie können wir dann unsere Menschenwürde bewahren?” Im Betreff bot er dem Programm gar seinen Job an. “Vorsitzender ersetzt”, hieß es dort schlicht.
Für das Spiel war die Episode allerdings erst der Anfang seiner Erfolgsgeschichte. Wenige Monate später wurde es als Teil von Windows 3.0 erstmals veröffentlicht.