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Verschwörungstheoretiker wechseln zu DuckDuckGo – Was macht diese Suchmaschine so erfolgreich?

Das Internet spielt eine immer wichtigere Rolle im Nachrichtenkonsum der deutschen Bevölkerung. 2021 gaben bereits 44 Prozent an, das Internet täglich oder mehrmals in der Woche zu nutzen, um aktuelle Nachrichten und Informationen einzuholen. Insbesondere in Krisensituationen, in denen sich die Ereignisse förmlich überschlagen, ist man auf den schnellen Informationsfluss angewiesen.

Für Impfgegner-Bewegungen spielt das Internet eine besonders große Rolle. Nationale Bewegungen, wie “Querdenken” in Deutschland oder “Qanon” in den USA haben sich zu einem großen Teil über soziale Medien und private Messenger vernetzt. Die Falschinformationen, die ihre Behauptungen einer globalen Weltordnung oder tödlichen Impfrisiken stützen, erhalten sie dabei vor allem durch eigene Internetrecherche.

Immer wieder haben die großen Tech-Konzerne versucht gegen die Verbreitung von Propaganda und Falschinformationen anzugehen. Mit Warnhinweisen und Links zu offiziellen Regierungserklärungen oder durch das Löschen von Falschinformationen in Suchmaschinen. Was aber tun, wenn eine gesellschaftliche Gruppe diese Werkzeuge gezielt umgehen will?

Kritik an Google wächst

In rechtspopulistischen und verschwörungstheoretischen Kreisen spielen Suchmaschinen bereits seit Anfang der Pandemie eine große Rolle. Vielen ist ihr Umgang mit unseriösen Inhalten ein Dorn im Auge. Ihre Vermutung: Google würde wichtige Informationen zurückhalten, um die Bevölkerung die Wahrheit zu verweigern. Viele der Skeptiker wenden sich daher von Google ab und wechseln zu kleineren Anbietern. Besonders beliebt ist DuckDuckGo, eine auf Privatsphäre fokussierte Suchmaschine, die 2008 vom MIT-Absolventen Gabriel Weinberg gegründet wurde.

Bisher ist DuckDuckGo nur eine Randfigur im Vergleich zu den großen Anbietern Google, Yahoo und Bing. Allerdings steigt die Zahl der Nutzer in den letzten Jahren stetig an. Im Jahr 2019, kurz bevor das Coronavirus das gesellschaftliche Leben nachträglich veränderte, wurden rund 15 Milliarden Suchanfragen abgegeben. 2021 hat sich diese Zahl mehr als verdoppelt. Und auch in den ersten Monaten dieses Jahres kann DuckDuckGo ein Nutzergewinn gegenüber dem Vorjahr verzeichnen.

Was diese Suchmaschine so beliebt macht, ist ihr Umgang mit persönlichen Daten. Während Google bekanntlich etliche Nutzerdaten, wie die IP-Adresse, den Suchverlauf oder den Standort sammelt, werden bei DuckDuckGo keine Nutzerdaten gespeichert. Zwar verdienen sowohl Google als auch DuckDuckGo ihr Geld mit Werbeeinnahmen, allerdings sind diese bei dem kleinen Unternehmen aus Pennsylvania nicht auf den User zugeschnitten, sondern auf die jeweilige Suchanfrage. Zudem gibt die Suchmaschine keine Nutzerdaten an Werbetreibende weiter.  

Algorithmus fördert gefährliche Suchergebnisse

Die Kehrseite der Medaille sind die auf DuckDuckGo angezeigten Suchergebnisse. Die Suchmaschine hat wenig Kontrolle über die Links, welche nach einer Anfrage erscheinen. Schließlich werden diese bei DuckDuckGo durch den Algorithmus von Microsoft-Anbieter Bing bereitgestellt. Wie die Anordnung der Trefferseite zustande kommt, legt Microsoft nicht offen. Nun berichtet die “New York Times”, dass unseriöse Websites mit verschwörungstheoretischen Inhalten bei Suchanfragen über Bing und DuckDuckGo deutlich häufiger angezeigt werden als bei Google und anderen Anbietern.

Eine Studie der Stanford Universität aus 2019 bestätigt die Beobachtungen der amerikanischen Zeitung. Die Forscher konnten damals nachweisen, dass Bing in einem deutlich höheren Ausmaß als Google Falschinformationen und Verschwörungstheorien anzeigt, selbst wenn nicht aktiv nach ihnen gesucht wird. Zudem würden rassistische und nationalistische Inhalte, sowie russische Propaganda durch Sputnik und RT, deutlich häufiger erscheinen als bei anderen Anbietern. Eine Studie der Cornell University aus dem Jahr 2021 kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Der Bing-Algorithmus kombiniert mit DuckDuckGos strengen Privatsphäre-Einstellungen würden demnach einen idealen Nährboden für die postfaktischen Ansichten von Verschwörungstheoretikern und der neuen Rechten bieten.

DuckDuckGo genießt einen beunruhigen Ruf

Einer der wichtigsten Köpfe dieser postfaktischen Bewegung ist Joe Rogan. Der ehemalige UFC-Fighter und Comedian ist heute der erfolgreichste Podcast-Host der Welt. Auch Rogan empfiehlt seinen Hörern DuckDuckGo. “Wenn ich Fälle finden möchte, bei denen Menschen an einer Impfung gestorben sind, muss ich zu DuckDuckGo gehen”, sagte er kürzlich in seinem Podcast. “Auf Google habe ich nichts dazu gefunden.” Rogan war erst kürzlich von vielen Seiten für seinen Podcast “The Joe Rogan Experience” kritisiert worden, weil er Falschinformationen über die Corona-Impfung verbreitet und sich mehrfach rassistisch geäußert haben soll.

Auch andere konservative und wissenschaftsskeptische Podcast-Host, wie Ben Shapiro und Dan Bongino stimmten in der Vergangenheit in die Lobeshymne auf DuckDuckGo ein. “Google unterdrückt aktiv Suchergebnisse, die nicht mit ihren traditionell linken Ansichten übereinstimmen”, so Shapiro im März 2021, “Ich rate euch DuckDuckGo und nicht Google runterzuladen, um das alles zu bekämpfen.” Inzwischen rufen auch einige deutsche Twitter-User dazu auf, DuckDuckGo statt Google zu verwenden.

Nährboden für Falschinformationen

Die Werbung für DuckDuckGo legt eine zentrale Vorgehensweise in der Recherchearbeit von Verschwörungstheoretikern offen. Immer wieder weichen sie auf Plattformen aus, die ihre Falschaussagen und kruden Theorien vergleichsweise unreflektiert einer exklusiven Öffentlichkeit präsentieren. Der Wechsel von unabhängigen Medien, wie Tagezeitungen und öffentlich-rechtlichen TV-Sendern, ins Internet ist in dieser Szene bereits seit Jahren unumkehrbar vollzogen. Nun geraten aber auch die großen amerikanischen Tech-Konzerne wie Facebook und Twitter unter Beschuss. Statt WhatsApp nutzen die Bewegungen Telegram, statt YouTube die Videoplattform Rumble und DuckDuckGo anstelle von Google. So fallen nach und nach alle Kontrollmechanismen und der Übergang zwischen Fakten und Falschinformationen verschwimmt.

Bei den Recherchen steht nicht das Aufdecken der Wahrheit im Vordergrund, sondern eine im Vorfeld bereits gefasste Meinung. Zudem löst das Finden einer versteckten Botschaft, die sich von der allgemeinen Erzählweise unterscheidet, eine besondere Art der entdeckerischen Freude aus, meint Ronald Robertson, einer der Autoren der Stanford-Studie gegenüber der New York Times. So wird jede noch so unseriöse Website als gleichwertiger Gegenspieler zu den etablierten Medien empfunden, solange sie die eigene Theorie unterstützt. 

Keine Suchmaschine hat einen Einfluss auf die Inhalte unseriöser Artikel und Websites. Allerdings können die Konzerne gegen das Ranking von Falschinformationen angehen und Warnhinweise schalten. Google tut diese bereits seit letztem Jahr – unter anderem wenn man sich über einige Gästen der “Joe Rogan Experience” informieren will. DuckDuckGo teilte derweil mit, unseriöse Beiträge regelmäßig Bing zu melden, um diese von der Trefferseite zu entfernen und wies die Vorwürfe zurück. Wie einfach der Umgang mit Falschinformationen gelingt, bewies DuckDuckGo in den letzten Tagen selbst. Kurz nachdem die “New York Times” den Anbieter mit ihren Vorwürfen konfrontierte, war ein Großteil der verschwörungstheoretischen Inhalte von den Trefferseiten verschwunden.

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