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Die KI wird uns nicht auslöschen

Die Künstliche Intelligenz (KI) ist eine außergewöhnliche Disziplin. Sie zielt seit jeher darauf ab, ob und wie es möglich ist, Computer zu konstruieren, die den vielfältigen Fähigkeiten des Gehirns nahekommen oder es sogar übertreffen – also gleichsam technisch den zentralen Grund zu entschlüsseln, aus dem der Mensch die Lebensform ist, die diesen Planeten dominiert und dessen Entwicklung als einzige bewusst beeinflussen kann. Das machte die fiktive wie die mehr auf Fakten basierende Spekulation in diesem Bereich schon immer besonders reizvoll, naturgemäß nicht nur für Fachleute.

Aus dem Alltag ist KI schon lange nicht mehr wegzudenken. Sie steckt in jeder Suchmaschine, jedem sozialen Netzwerk, jedem zeitgemäßen Empfehlungsalgorithmus, in Übersetzungs-, Sprach- und Bilderkennungsdiensten.

Wie KI inzwischen mit geschriebener Sprache umgehen kann, haben unzählige Menschen rund um den Globus erstmals erfahren, als das amerikanische Unternehmen OpenAI sein Dialogsystem ChatGPT breit verfügbar machte. Was diese vergleichsweise neue Klasse von KI-Modellen vermag, ist wirklich sehr beeindruckend – trotz der vielen furchtbaren Fehler, die sie nach wie vor macht.

Warum warnen prominente KI-Akteure?

In den zurückliegenden Wochen nun haben gleich zwei Gruppen durchaus prominenter KI-Akteure dramatische Warnungen vor dieser Schlüsseltechnologie vorgebracht. In der aktuelleren zeichnen sie KI sogar als „Auslöschungsrisiko“ für die Menschheit aus und vergleichen die drohenden Gefahren mit denen von Nuklearwaffen oder Pandemien. Zu den Unterzeichnern gehören in der Vergangenheit eher bedächtig aufgetretene Forscher wie die Turing-Award-Gewinner Geoffrey Hinton und Yoshua Bengio, aber auch Unternehmer wie der Deepmind-Gründer Demis Hassabis, Microsoft-Mitgründer Bill Gates oder eben OpenAI-Chef Sam Altman.

Durchaus berechtigt ist das Anliegen, auch die Politik möge sich auf höchster Ebene mit den Risiken befassen, die mit KI einhergehen können. Genau das geschieht übrigens schon in Amerika wie in Europa und auch übergreifend, beispielsweise während des letzten G-7-Treffens. Die KI wird weiterhin das gesellschaftliche, kulturelle und kommerzielle Miteinander beeinflussen, Wohlstand und Macht mehren und umverteilen. Auch kann es opportun sein, gelegentlich etwas vehementer zu warnen, um durch das mediale Grundrauschen dieser Zeit überhaupt durchzudringen – klimaklebende Krawallmacher nutzen den Weltuntergang als dystopische Denkfigur ja ebenfalls erfolgreich, um sich Gehör zu verschaffen.

Wer eine solch weitgehende Warnung ausspricht, sollte aber zumindest prinzipiell darlegen, wie sich das entsprechende Szenario konkret entfalten könnte. Im Falle eines Atomkriegs ist dies selbsterklärend, im Falle einer lebensbedrohlichen ansteckenden Krankheit ohne Gegenmittel auch. Im Falle der KI ist es das nicht. Leider ersparen sich zumal die aktuellen Warner, dies näher auszuführen.

Neue Waffenarten wie (teil-)autonome Kampfdrohnen oder Kampfdrohnenschwärme sind eine realistische gefährliche KI-Anwendungsmöglichkeit, über die längst diskutiert wird. Falschinformation in Form von Texten, Bildern oder Videos, die sich in bislang nicht gekanntem Ausmaß und Geschwindigkeit verbreiten, sind ein weiteres Risiko, mit dem Nutzer, Plattformbetreiber und Gesetzgeber lernen müssen umzugehen. Beide Phänomene sind jedoch nicht grundsätzlich neu. Sie stellten sich auch in der Vergangenheit infolge von technischem Fortschritt, nicht zuletzt als das World Wide Web entstand.

Frühzeitig und ernsthaft über Risiken sprechen

Absurd ist hingegen die nun gelegentlich mitschwingende Angst, mit einem eigenen (Macht-)Willen und Überlebensinstinkt ausgestattete Software oder Hardware könnte versuchen, sich in irgendeiner Form gegen den Menschen zu erheben. Die gegenwärtig so angesagten KI-Systeme sind immer noch weit entfernt von menschlichen Denkfertigkeiten. Sie können nicht wirklich weit vorausplanen, sie verstehen komplexe kausale Zusammenhänge nicht, sie verfügen nicht über so etwas wie einen „gesunden Menschenverstand“, ihnen ist nicht einmal bewusst, dass es sie gibt, und sie können sich nicht selbst wahrnehmen.Einige KI-Warner müssen sich zudem fragen lassen, ob ihre Worte zu ihren Taten passen. Wieso hat Altman eigentlich – im Gegensatz zu den sonst viel gescholtenen Internetkonzernen Google und Meta – seine Sprach-KI für die Masse einfach zugänglich gemacht, wenn solch großer Schaden droht? Nein, die KI wird uns nicht auslöschen. Sie ist eine Technologie, die unglaubliche Chancen bietet, die das Leben in vielen Bereichen noch angenehmer machen kann. Über die Risiken muss frühzeitig, ernsthaft und transparent gesprochen werden. Und mit Bedacht.

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