Laut Koalitionsvertrag soll es bis 2030 rund 15 Millionen E-Fahrzeuge und eine Million Ladepunkte in Deutschland geben. Der Weg dahin ist allerdings noch sehr weit, wie das Start-up elvah dem stern erklärt. Denn: Von derzeit ohnehin nur 70.000 Ladepunkten hierzulande funktionieren ungefähr acht bis zehn Prozent, also 5.600 bis 7.000 Stück, dauerhaft nicht richtig. Bei den Nachbarländern sieht es nicht viel besser aus: Mit einer Ausfallrate von fünf bis sieben Prozent führt Luxemburg das Ranking an, in Frankreich stehen bis zu 20 Prozent der aktiven Ladesäulen nicht zur Verfügung. Die Experten warnen: Für Reisen mit dem Elektroauto und den Ruf der umweltfreundlichen Fortbewegung ist das ein großes Problem.
Wie soll so die Mobilitätswende gelingen?
Das Start-up elvah bietet eine App, mit der sich funktionierende, freie Ladesäulen finden lassen und wo sich in Verbindung mit einem pauschalen “Energiekonto” Strom tanken lässt. Um zuverlässige Daten zu bieten, muss der Anbieter daher beobachten, wo defekte Ladepunkte stehen, die man den Reisenden nicht empfehlen kann. Dafür wertet man natürlich auch das Feedback und Verhalten der Nutzer:innen aus. Das Ergebnis veranschaulicht man in der App mit dem sogenannten elvah-Score, der neben Zuverlässigkeit auch die Popularität und den Komfort einer jeden Ladesäule misst.
Der Zuverlässigkeitsscore bewertet, wie verlässlich die Stationen sind. Dabei ermittelt das Start-up nicht nur, ob eine Station einen Fehler beim Start aufweist, sondern auch ob es trotz mehrfacher Fehlversuche am Ende doch geklappt hat, Energie zu beziehen. Die Skala des Scores geht von 0 bis 10. Aber: Selbst ein Wert von 8,8 ist nach Ansicht der Experten nicht gut, denn er bedeutet, dass der Ladevorgang weit von einer hundertprozentigen Zuverlässigkeit entfernt ist.
“Fraglich ist, wie die neue Regierung unter solchen Vorzeichen 15 Millionen E-Autofahrer:innen auf die Straßen bringen möchte”, kritisiert das Start-up. Besonders in Ballungsgebieten bahnen sich ernste Probleme bei der Versorgung der Elektroautos an, scheint es. Den Daten von elvah zufolge, stehen die am meisten frequentierten Ladepunkte des Landes im Bundesvergleich in Hamburg und Berlin. Beide Städte zeigen mit Scores von 8,14 (Berlin) und 8,39 (Hamburg) Schwächen bei der Zuverlässigkeit. Da hilft es wenig, dass die Frequentierung der Säulen insgesamt von Monat zu Monat stark zunimmt, in einigen Gegenden des Landes sogar um mehr als 20 Prozent von Monat zu Monat.
Es besteht Nachholbedarf
Eine unzuverlässige Ladeinfrastruktur schadet dieser Entwicklung, denn nach wie vor spielt die sogenannte “Reichweitenangst” bei Elektro-Neulingen eine große Rolle. Autofahrende haben also Angst, dass ihrer Batterie die Puste ausgeht und sie keine Ladesäule finden, um die Batterie zu laden – und am Ende nicht an ihr Ziel kommen. Eine Ausfallquote von bis zu zehn Prozent ist daher nicht hinnehmbar, resümieren die Experten im Gespräch mit dem stern. Ein Zwischenfazit: “Wenn man das auf Tankstellen überträgt, kann man sich den Aufstand vorstellen, der entstehen würde.”
Die Zahlen des Start-ups zeigen auch, wo offenbar kaum Elektroautos unterwegs sind. Bayern zählt mit mehreren Landkreisen zum Schlusslicht. Demnach steuern beispielsweise in den Kreisen Freyung-Grafenau, Tirschenreuth, Dingolfing-Landau, Regen und Straubing-Bogen kaum Fahrzeuge die Säulen an. Überraschend führte Leverkusen dieses Ranking im Städtevergleich zuletzt an, noch vor Hamburg, Potsdam, Bremerhaven und Berlin. Ironisch: Mit über 13.500 Ladesäulen bietet Bayern die meisten Anlaufstellen. Schlusslicht aller Bundesländer bildet der Stadtstaat Bremen mit etwas über 300 Säulen und das Saarland mit gut 500. Die Entwickler hinter elvah sind sich einig: Hier besteht Nachholbedarf.