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Europas LNG-Zukunft: Viel Geld für nichts?

Am 5. März, Russland war gerade in die Ukraine einmarschiert, machte Ursula von der Leyen einen Fehler – der keiner war: “Die EU muss sich von ihrer Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen befreien”, twitterte die EU-Kommissionspräsidenten aus Sorge, Russland könnte Europa den Gashahn zudrehen, und lobte, dass “Spanien mit seinem hohen Anteil an erneuerbaren Energien und LNG-Kapazitäten ein Vorreiter” sei.

Das Problem: Auch LNG, sogenanntes Flüssiggas, ist fossiles Gas. Es wird aus der Erde gepumpt, teils gefrackt und am Ende klimazerstörerisch verbrannt. Das ist auch von der Leyen bekannt. Trotzdem vermischt die Erfinderin des European Green Deals, mit dem der Kontinent sich dekarbonisieren soll, das Thema LNG mit dem Thema Erneuerbare Energien immer wieder. 

Diese Klima-Flunkerei könnte für Europa noch teuer werden – ökologisch und finanziell. Denn Infrastruktur, in die Europa milliardenschwer investiert, dürfte bald nutzlos oder viel teurer werden, will die EU die Klimakrise nicht weiter verschärfen. 

LNG boomt und die Kosten sind hoch

Der größte Gas-Verbraucher in Europa ist Deutschland, gefolgt von Italien, den Niederlanden, der Slowakei und Frankreich, so Eurostat. Besonders diese Länder versuchen ihre Gas-Importe aus Russland durch Lieferungen aus anderen Quellen zu ersetzen. 

“Seit Beginn des Krieges sind die LNG-Exporte nach Europa um 58 Prozent gestiegen”, sagt Paula Di Mattia Peraire, Gasanalystin des Independent Commodity Intelligence Service (ICIS). Besonders Deutschland, Griechenland, Italien, aber auch Irland, Frankreich, die Niederlande und Polen bauen ihre Küsteninfrastruktur aus. 

“In Europa wird derzeit viel in LNG investiert”, sagt Analystin Peraire vom ICIS. “Wenn alle diese Projekte verwirklicht werden, wir sprechen von etwa 15 neuen bis Ende 2024, wird die Regasifizierungskapazität um 70 Milliarden Kubikmeter pro Jahr steigen.”

Besonders viel Staatsgeld fließt derzeit in Küsten-Terminals, an denen das heruntergekühlte Flüssiggas abgeladen und erwärmt wird, bis es wieder gasförmig in die Leitungsnetze eingespeist wird. Derzeit stehen zu wenige, insbesondere in der Nord- und Ostsee, zur Verfügung, um Europas Gasbedarf zu decken.

Allerdings gibt es nicht nur einen, sondern neben den Terminals noch zwei weitere Engpässe beim Import von Gas.

Engpässe für den LNG Ausbau: Schiffe und Leitungsnetz 

Soll russisches Pipeline-Gas ersetzt werden, muss Gas aus anderen Quellen erst mit Tankern nach Europa verschifft werden. Diese LNG-Tanker, gut erkennbar an den typischen Kugeltanks, fassen bis zu 175.000 Kubikmeter Flüssiggas, was 90 Millionen Kubikmeter weniger dichtem Pipelinegas entspricht. Um die jährlichen 167 Milliarden Kubikmeter russischen Gases zu ersetzen, sind rund 1800 Schiffsladungen für Europa nötig –  also fünf pro Tag.

Laut des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik bräuchte es dafür 160 neue Tanker. Bei einem Stückpreis von 220 Millionen US-Dollar ein Investment von 35 Milliarden US-Dollar. 

Außerdem muss LNG-Gas künftig von Spanien, Frankreich und den Niederlanden nach Mittel- und Osteuropa fließen, statt wie bisher von Ost nach West. Da Gasfernleitungen jedoch meist Einbahnstraßen sind, ist ein “Reverse-Flow” nur beschränkt möglich. Die derzeitigen für Europa zentralen deutschen Kapazitäten müssten dafür laut Fraunhofer Institut mindestens verdoppelt werden. 

Energieexperte: “Das macht keinen Sinn!”

All das steht im krassen Gegensatz zu den Klimazielen der EU. Der Block will bis 2050 klimaneutral werden, Deutschland ab 2045. Verbrennt die EU mehr LNG, steigen aber die Emissionen. 

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