Der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder muss wegen seiner umstrittenen Äußerungen zum Ukraine-Konflikt und seinen Verbindungen zu Russlands Präsident Wladimir Putin keinen Parteiausschluss aus der SPD fürchten. „Das deutsche Parteienrecht, und übrigens auch das Statut der SPD, sehen keine Parteiausschlüsse für heftige Meinungsverschiedenheiten, Provokationen oder geschäftliche Interessen vor“, sagte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert der „Rheinischen Post“.
Seine Partei sei stolz auf ihre demokratische Kultur und deren Spielregeln, „die sich von denen in – sagen wir – Moskau unterscheiden“.
Bitte um Zurückhaltung mit öffentlichen Äußerungen
Im Sommer soll Schröder zusätzlich zu den bereits bestehenden Mandaten in den Aufsichtsrat des russischen Gaskonzerns Gazprom einziehen. Aus SPD-Sicht ändert das nichts: „Seine Äußerungen haben keine Auswirkungen auf die Regierungspolitik und werden das auch in Zukunft nicht haben – egal, welchen weiteren beruflichen Weg Gerhard Schröder einschlagen wird“, bekräftigte Kühnert.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich lobte sogar die „großen Verdienste“ seines Parteifreundes. Angesprochen auf Schröders Engagement für die russische Energiebranche sagte Mützenich den Zeitungen der Funke-Mediengruppe: „Ich halte es da wie einer meiner Vorgänger, Peter Struck: Ich hätte das nicht gemacht.“ Er fügte aber hinzu: Unabhängig davon habe Schröder sich als Bundeskanzler große Verdienste erworben. „Er hat unser Land durch eine existenzielle Krise in der Sozial- und Wirtschaftspolitik geführt. Das rechne ich ihm hoch an – ebenso wie sein Nein zum Irakkrieg.“
Auf die Frage, ob es Privatsache sei, wenn ein Altkanzler zum Lobbyisten für russisches Gas werde, sagte Mützenich: „Gerhard Schröder hat das Recht auf ein Privatleben. Neben seinen wirtschaftlichen Aktivitäten widmet er sich auch stark humanitären Initiativen, unterstützt Künstlerinnen und Künstler.“
Die SPD-Spitze hatte Schröder zuletzt gebeten, sich mit öffentlichen Äußerungen im Ukraine-Konflikt zurückzuhalten. Zuvor löste der 77 Jahre alte frühere Bundeskanzler Empörung aus, weil er der Ukraine „Säbelrasseln“ vorwarf. Zuletzt hatte der Linken-Abgeordnete Gregor Gysi Schröder allerdings zusammen mit dessen Nachfolgerin Angela Merkel (CDU) als Vermittler in der Krise vorgeschlagen.
Moskau gibt an, sich durch die NATO-Osterweiterung bedroht zu fühlen und hat nach westlichen Angaben rund 150.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Truppen der prorussischen Separatisten in der Ukraine mit eingeschlossen könnten es demnach bis zu 190.000 Soldaten sein. Moskau bestreitet jedoch jegliche Angriffspläne. In einem Gespräch mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte Putin am Sonntag nach eigenen Angaben „Provokationen“ der ukrainischen Armee angeprangert.