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Seemonster im Mittelmeer!

Orcas vor der iberischen Halbinsel haben im Mai 2020 angefangen, Segelschiffe anzugreifen, selten auch Motorboote. Die Schwertwale bissen meist absichtsvoll in das Ruder, bis es brach und das Schiff manövrierunfähig zurückblieb. Offenbar ist es schon zu Dutzenden Attacken gekommen.

Im Juli 2022 brachten Orcas ein erstes Schiff zum Sinken, im November 2022 ein zweites. Alle Menschen wurden gerettet. Anfang Mai schlugen die Killerwale wieder zu: Drei Tiere heizten der Schweizer Segeljacht »Alboran Champagne« anderthalb Stunden lang ein. »Die Angriffe waren brutal«, berichtet der Skipper Werner Schaufelberger. Einer der Orcas rammte das Boot immer wieder und so heftig, dass es leckschlug.

Die Küstenwache rettete die Besatzung und schleppte das havarierte Schiff ab, doch vergebens: Kurz vor dem rettenden Hafen versank es im Mittelmeer.

Der nächste Angriff kommt bestimmt – und immer drängender stellt sich daher die Frage: Was ist los mit den Orcas?

Offenbar sind an den Attacken bis zu neun Orcas aus zwei Gruppen beteiligt: ein Jungtier-Trio, das manchmal als Quartett auftritt, und ein ganz spezielles Weibchen, das mit zwei Jungtieren und manchmal zwei Schwestern unterwegs ist. Dieses Weibchen, so spekulieren Forscher nun, könnte die Schlüsselfigur sein.

»White Gladis«, wie sie das Tier nennen, könnte in der Vergangenheit von einem Schiff traumatisiert worden sein, zum Beispiel, weil es sich einmal in einem Netz verheddert hat. Diese Erfahrung führte offenbar dazu, dass »White Gladis« bestimmte Schiffe nicht mag. Ihre Abneigung – und ihre Kampftechnik – hat sie offenbar in regelrechten Lektionen an ihren Nachwuchs weitergegeben, der ihrem Vorbild nun nachlebt.

Denken die Forscher, die solche Theorien ausbrüten, zu sehr in menschlichen Kategorien? Vielleicht. Warum ein Orca tut, was er tut, erschließt sich Menschen nicht unbedingt. Auch Orcas rennen mitunter bizarren Moden hinterher. Vor dem US-Bundesstaat Washington fing eine Gruppe von Killerwalen im Sommer von 1987 an, tote Lachse auf dem Kopf zu tragen. Ein paar Monate taten sie das hingebungsvoll, dann widmeten sie sich wieder anderen Dingen.

Vor der Iberischen Halbinsel sollten Segler in der kommenden Urlaubssaison auf der Hut sein, aber für Angst vor schwarz-weißen Seeungeheuern besteht wohl kein Anlass. Es gibt keinen Hinweis, dass diese verhaltensauffälligen Orcas Menschen schaden möchten – nur Booten. Wären sie im Wortsinne Killerwale, hätten wir das längst erfahren. Zu hoffen ist, dass sie ihre Attacken für einen anderen Zeitvertreib aufgeben, bevor die bedrohten Tiere selbst zu Schaden kommen.

Quelle

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