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EU-Pläne: Haus- und Wohnungseigentümern droht die nächste nächste Kostenwelle

Das EU-Parlament will Hauseigentümer mit einer Verschärfung des Energieeffizienzgesetzes dazu bringen, Häuser in allen Mitgliedstaaten zu sanieren. Aus Deutschland kommt scharfe Kritik.

Das EU-Parlament will das Gebäudeenergiegesetz verschärfen. Nach den Diskussionen um das deutsche Heizungsgesetz sehen Hauseigentümer nun weitere Kosten auf sich zukommen. Am Wochenende positionierte sich Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) dazu: Sie hält die vorgesehene Sanierungspflicht für falsch. Auch andere deutsche Regierungspolitiker stehen den Ideen der EU kritisch gegenüber. Noch verhandeln EU-Kommission, das Parlament und der Rat der Staats- und Regierungschefs über die Richtlinie. Aber worüber genau wird hier überhaupt diskutiert und was für Auswirkungen hätte das auf deutsche Eigentümer?

Was plant die EU und warum?

Die EU will ihre Richtlinie zur Energieeffizienz von Gebäuden überarbeiten. Das ist notwendig, weil Europa bis 2050 klimaneutral sein will. Bis dahin müssen auch alle Gebäude vollständig dekarbonisiert sein. Gebäude sind zum einen der größte CO2-Emittent der EU: Vom Bau bis zum Abriss sind sie für mehr als ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Zum anderen sind Gebäude mit 40 Prozent der größte Energieverbraucher, auch weil etwa drei Viertel (in der EU) nicht energieeffizient sind. Laut einem Bericht der EU-Kommission von 2020  könnte die Renovierung bestehender Gebäude den Gesamtenergieverbrauch der EU um bis zu sechs Prozent reduzieren und die CO2-Emissionen um etwa fünf Prozent.

Die EU hat als größten Hebel ausgerechnet die Gebäude im Fokus, deren Werte am schlechtesten sind. Der Vorschlag des EU-Parlaments lautet daher, dass alle Wohngebäude der niedrigsten Energieeffizienzklasse G bis 2030 Klasse E erreichen müssen und bis 2033 Klasse D. Doch das heißt noch gar nichts: Es gibt bisher keine einheitlichen EU-Energieklassen, deswegen ist auch nicht klar, welche Gebäude in die Klasse G fallen würden. In Deutschland etwa reichen die Effizienzklassen von A+ bis H.

Was könnte auf Hauseigentümer in Deutschland zukommen?

Der Eigentümerverband Haus & Grund schätzt, dass in Deutschland mehr als sieben Millionen Eigenheime und rund 7,2 Millionen Bestandswohnungen von dem Gesetz betroffen sein könnten. Etwa 60 Prozent der Wohngebäude in Deutschland wurden laut der Deutschen Energie-Agentur Dena vor dem Inkrafttreten der ersten Wärmeschutzverordnung im Jahr 1979 errichtet, viele sind bis heute gar nicht oder kaum energetisch saniert.

Wie hoch die Kosten für die einzelnen Hausbesitzer ausfallen werden, hängt daher vom Sanierungsstatus der Häuser ab. Die staatliche Förderbank KfW rechnet für Deutschland insgesamt mit Kosten von rund 254 Mrd. Euro. Mögliche Maßnahmen betreffen zum Beispiel neue Fenster, Heizungen oder Dämmungen. Gerade die Sinnhaftigkeit von Dämmungen stellte aber jetzt die Bundesbauministerin Geywitz infrage. Nicht jedes Haus würde dadurch im Wert gesteigert, sagte sie im Interview mit der “Neuen Osnabrücker Zeitung”. 

Allerdings könnte sich eine niedrige Energieeffizienzklasse tatsächlich negativ auf den Wert beziehungsweise auf Verkauf und Vermietung auswirken, da energetisch schlecht sanierter Bestand bereits jetzt weniger attraktiv ist. Wenn die Richtlinie beschlossen und zu einem nationalen Gesetz wird, könnten zusätzlich Sanktionen auf Eigentümer zukommen, wenn sie die Anforderungen nicht erfüllen. Die Zuständigkeit dafür liegt aber bei den einzelnen Mitgliedsstaaten, die hier eher locker agieren dürften. Auch Ausnahmen sind nach jetzigem Stand des Gesetzes vorgesehen, unter anderem für denkmalgeschützte oder kleine Gebäude bis 50 Quadratmeter.

Müssen Hauseigentümer selbst für die Kosten der Sanierung aufkommen?

Sowohl die EU als auch die Bundesregierung wollen energetische Sanierungen fördern. Ende 2021 hatte die Kommission zugesagt, dass bis 2030 bis zu 150 Mrd. Euro aus dem EU-Haushalt zur Verfügung stünden. Auch das Parlament hat sich für leichteren Zugang zu Finanzierungen ausgesprochen.

In Deutschland gibt es die sogenannte Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), die Maßnahmen für mehr Energieeffizienz und den Austausch fossiler Heizungen fördert. Die Höchstgrenze der Förderung beträgt bei Einzelmaßnahmen im Bestand 60.000 Euro pro Wohneinheit. Doch den Großteil der Kosten werden die Hauseigentümer selbst tragen müssen. Vermieter können einen Teil der Sanierungskosten über eine Umlage auf die Mieter übertragen.

Welche Standpunkte gibt es in der Politik?

Die EU-Kommission befürwortet die strengen Vorgaben, die das Parlament machen will. Auf lange Sicht würden sich die Investitionen in Renovierungen auszahlen. Die Verhandlungen mit dem Rat der Staats- und Regierungschefs laufen allerdings und könnten das Gesetz noch abschwächen. Viele Abgeordnete der SPD befürworteten das Gesetz lange. Bauministerin Geywitz, selbst in der SPD, sagte nun aber, sie sehe die Verschärfung der Richtlinie kritisch.”In der Tat käme dann eine Sanierungspflicht für alle Gebäude, die bestimmte Energiestandards nicht erfüllen. Das lehne ich ab”, machte die SPD-Politikerin klar. Einen “Riesenakt” wie eine Sanierung dürfe man nicht gesetzlich erzwingen und schon gar nicht pauschal festlegen. „Ich sage Nein zu Mindeststandard-Pflichten für jedes Haus, ohne zu schauen, wer darin lebt, wem es gehört und wie lange es noch genutzt werden könnte”, sagte Geywitz.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) sagte, er halte die Richtlinie”für enorm gefährlich”. Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke hatte bereits gewarnt, dass die Kosten im Kampf gegen den Klimawandel”auf Omas Häuschen” abgewälzt werden könnten. Die Grünen im EU-Parlament argumentieren hingegen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher im Gegenteil von niedrigeren Energiekosten profitieren würden, wenn sie Energie effizienter nutzen.

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