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Ganz vorne im Krisenschwarm

Zum Weltbienentag in der vergangenen Woche wurde wieder nicht gefeiert, es dominierten die negativen Schlagzeilen. Eine aktuelle Studie unter Leitung der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg etwa vermeldete, dass weltweit eine gefährliche Variante des tödlichen Krüppelflügelvirus auf dem Vormarsch sei. DWV-B, wie die Variante genannt wird, kann inzwischen auf allen Kontinenten außer Australien nachgewiesen werden und sei in Europa bereits der dominante Genotyp. „In der Welt der Bienen passiert genau das, was wir in den letzten Jahren mit dem Coronavirus erlebt haben“, sagt der Würzburger Bienenforscher Jürgen Tautz. „Die Natur weicht aus und lässt eine neue Variante entstehen.“ Laut Robert Paxton, Erstautor der Studie, ist es nur eine Frage der Zeit, bis die Variante überall auf der Welt unter anderem auch für die Imker zum Problem werden wird.

DWV-B sei noch gefährlicher als das ursprüngliche Krüppelflügelvirus, das Bienen bereits seit den Achtzigerjahren bedroht und zum Verkümmern der Flügel führt. Das Virus wird über Varroamilben übertragen und befällt zunächst Honigbienen. Die neue Variante sei sowohl virulenter als auch leichter übertragbar, heißt es im International Journal for Parasitology: Parasites and Wildlife. Die Virologen hatten Gendaten und Publikationen zu DW-Viren aus den Jahren 2008 bis 2021 untersucht. Auch in Wildbienen konnte die neue Variante nachgewiesen werden. Ob die Bedrohung für sie ähnlich groß ist, sei laut Paxton noch offen. Bei kommerziell gehaltenen Hummelvölkern sei die Sterberate durch DWV-B bislang noch nicht deutlich gestiegen, sagt er.

Dass die Zahl der Wildbienen generell zurückgeht, ist mittlerweile gut nachgewiesen. Daten stammen in erster Linie aus Nordamerika und Europa, werden vereinzelt aber auch in Südamerika, Afrika und Asien erhoben. „Überall kann ein Rückgang beobachtet werden“, sagt Laura Breitkreuz, Referentin für Entomologie beim Naturschutzbund Nabu. Im vergangenen Jahr erschien erstmals eine globale Metastudie, die Insektenzählungen aus der internationalen Biodiversitätsdatenbank GBIF ausgewertet hat. Rund ein Viertel der vor 1990 gesichteten Insektenmassen sei zwischen 2006 und 2015 nicht mehr nachgewiesen worden, schrieb ein Team um den argentinischen Biologen Eduardo Zattara in One Earth. In Deutschland sind laut Roter Liste fast die Hälfte der über 550 heimischen Wildbienen gefährdet, 31 sogar akut vom Aussterben bedroht.

Zu viele Honigbienen?

Bestandsmäßig nicht in Gefahr ist dagegen die Honigbiene. Die Imkerei floriert. Zum Jahresbeginn meldete der Deutsche Imkerbund einen Mitgliederzuwachs um 2,34 Prozent. Die Zahl der Imker und Bienenvölker steigt seit über fünfzehn Jahren konstant an. So stark, dass die um Nahrung und Blüten konkurrierenden Wildbienen dadurch bedroht werden? „Bei wild lebenden Honigbienen beobachten wir in der Regel Besiedlungsdichten von nur einem Volk pro ein bis drei Quadratkilometer“, sagt Tautz. Problematisch könne es werden, wenn die Zahl der Hobbyimker in urbanen Ballungsräumen so stark ansteige, dass es zu einem Verdrängungswettbewerb komme. Auch das Übertragungsrisiko für Krankheiten und Parasiten von Honig- auf Wildbienen wachse dann. „Es kommt immer auf die Umstände an, inwieweit steigende Honigbienenzahlen eine Gefahr sind“, so Tautz. Es gebe Studien, die negative Auswirkungen zeigen, aber auch zahlreiche Gegenbeispiele. Von Bedeutung seien stets die jeweiligen Besiedlungsdichten und das lokale Nahrungsangebot.

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