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Haftstrafe für Französin wegen Kindesentführung

Elf Jahre lang ist die Französin Priscilla Majani mit ihrer Tochter Camille in der Schweiz untergetaucht – um sie vor ihrem Vater zu schützen, der die Kleine sexuell missbraucht haben soll. Jetzt hat ein Berufungsgericht in Aix-en-Provence die 48 Jahre alte Mutter wegen Kindesentführung zu einer Haft von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt.

Sie sitzt in der Haftanstalt Les Baumettes ein und will den Kassationshof anrufen. In erster Instanz war sie bereits zu fünf Jahren Haft und einer Geldstrafe von 25.000 Euro verurteilt worden. Gegen den Urteilsspruch regt sich in Frankreich heftiger Protest. Unter dem Hashtag „Ich hätte wie sie gehandelt“ bekunden Unbekannte und Bekannte, warum sie wie die Mutter ihr bedrohtes Kind geschützt hätten.

Die frühere Familienministerin Laurence Rossignol zeigte sich empört und sprach sich für eine Gesetzesänderung zum Sorgerecht aus. Die Schauspielerin Corinne Masiero sagte, für die französische Justiz sei Inzest noch immer ein Tabu. Tochter Camille Chauvet hat vor Gericht einen Brief verlesen lassen, in dem sie ihren Vater, einen ehemaligen Militärpiloten, schwer beschuldigt. „Ich habe es zunächst meiner Großmutter erzählt und dann meiner Mutter: Er hat seinen Penis in meinen Po geschoben. (…) Mein Vater sagte mir immer, sprich mit niemanden darüber, sonst wirst du sehen, was mit deiner Mutter geschieht“, heißt es in dem Brief.

Vergewaltigungsklage nach zwei Tagen ungeprüft eingestellt

Priscilla Majani vertraute zunächst der Justiz und erstattete Anzeige bei der örtlichen Polizeiwache. Ihre damals fünf Jahre alte Tochter gab in kindlichen Worten zu Protokoll, was der Vater mit ihr gemacht hatte. In ihrem Brief für das Gericht schildert sie, wie der Polizeibeamte darüber lachte. Die Vergewaltigungsklage wurde nach zwei Tagen und ohne weitere Prüfung eingestellt.

Wie Majani vor Gericht berichtete, habe diese Straflosigkeit sie zu ihrer Flucht bewogen. Sie habe nicht den Eindruck gehabt, dass sie ihre Tochter in Frankreich vor dem Zugriff des Vaters schützen könne.

Bei der Scheidung war den Eltern ein geteiltes Sorgerecht zugesprochen worden. „Ich war sehr erleichtert über unsere Flucht. Zum ersten Mal fühlte ich mich wieder in Sicherheit“, heißt es in dem Brief der Tochter. Unter falschem Namen baute sich die Mutter eine neue Existenz auf. Bei einer Verkehrskontrolle im Kanton Waadt flogen im Februar 2022 nach elf Jahren die gefälschten Papiere auf. Majani wurde an die französischen Behörden überstellt.

Staatsanwalt bezeichnet Majani als „manipulative Mutter“

Vor Gericht nahm man Majani nicht ab, dass sie ihr Kind habe schützen wollen. Der Staatsanwalt bezeichnete sie als „manipulative Mutter“, die „ein Komplott gegen den Vater geschmiedet hat“. „Meine Tochter ist das Opfer, und ich werde das auch weiterhin sagen. Ich bin nicht verantwortlich», sagte Majani. In ihrem Brief nimmt Tochter Camille Chauvet ihre Mutter in Schutz. „Meine Mutter hat mich nie gezwungen, ihr zu folgen und bei ihr zu leben. (…) Ich hoffe, sie wird freigesprochen und wir können ein normales Leben in der Schweiz führen“, heißt es in dem Brief.

Die 16 Jahre alte Heranwachsende lebt in einem Heim. Für sie komme es nicht infrage, ihren Vater zu sehen. „Ich habe Angst vor meinem Vater“, schrieb sie. Die französische Justiz habe die Augen verschlossen vor den Straftaten ihres Vaters. Vor Gericht sagte der Vater Alain Chauvet, seine Tochter sei ihm von der Mutter gezielt entfremdet worden. Camille Chauvet hat angekündigt, eine Klage wegen sexuellen Missbrauchs gegen ihren Vater anstrengen zu wollen.

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