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Juan Carlos ist wieder da

Für ein paar Minuten war es fast wie früher. Mit Applaus und den Rufen „Viva España” und „Viva el rey“ ließ die Menge am Yacht­hafen von Sanxenxo Juan Carlos hoch­leben. Zum ersten Mal seit mehr als zwei Jahren zeigte sich der emeritierte Monarch am Freitagmittag wieder in der Öffent­lichkeit: Er schüttelte Hände, umarmte Freunde und genoss den herzlichen ­Empfang, auch wenn es dem Vierundachtzigjährigen sichtlich Mühe bereitete, am Stock zu gehen.

Nach 654 Tagen im selbst gewählten Exil in Abu Dhabi kehrte der frühere König in seine Heimat zurück und gleich hinaus auf den Atlantik. Erst am Montag wird er bei einem Kurzbesuch in Madrid seinen Sohn Felipe und seine Ehefrau Sofía treffen, bevor er an den Golf zurückfliegt. Im Zarzuela-Palast, in dem er ein halbes Jahr­hundert wohnte, wartet kein Bett mehr auf Juan Carlos, nur ein Mittagessen im Familienkreis. König Felipe und die Regierung halten den Monarchen, der 39 Jahre auf dem Thron saß, weiterhin auf Distanz.

Alle Ermittlungsverfahren eingestellt

Abgesehen von seiner Tochter Elena, die ihn nach der Landung am Donnerstagabend als Erste an der Treppe des Flugzeugs umarmte, waren es seine Segelfreunde, die Juan Carlos umso herzlicher empfingen. Sie waren nach seiner Abdankung zu seiner neuen Familie geworden, mit der er mehr Zeit verbrachte als mit Sofía, Felipe und den Enkeln. Vom Flugplatz chauffierte ihn sein Freund Pedro Campos direkt in dessen Haus. Beim Präsidenten des königlichen Segelklubs von Sanxenxo war Juan Carlos früher oft zu Gast. Im An­wesen von Campos hatte er Anfang August 2020 seine letzte Nacht in Spanien verbracht, bevor er heimlich nach Abu Dhabi aufbrach, um seinem Sohn politisch nicht mehr zur Last zu fallen. In Spanien sind inzwischen alle Ermittlungsverfahren gegen Juan Carlos eingestellt, der auch einen Teil seiner Steuerschulden beglichen hat. Es ging um den Verdacht auf Korruption und Steuerhinterziehung.

Seine reichen Freunde halfen ihm nicht nur bei den Nachzahlungen ans Finanzamt. Sie charterten für ihn offenbar auch bei einer angolanischen Gesellschaft das Geschäftsflugzeug vom Typ Gulfstream G450. Laut Schätzungen kostete der Hinflug mehr als 50 000 Euro – nur damit er rechtzeitig zur Regatta in Sanxenxo sein konnte. Den fast acht Stunden dauernden Flug nach Vigo verfolgten Tausende auf dem Onlineportal „Flightradar 24“. „Willkommen in Spanien, Eure Majestät“, soll ein Fluglotse ihm über Funk zugerufen haben, als Juan Carlos den spanischen Luftraum erreichte. Aber vielen Spaniern ist der Monarch nicht so willkommen. Sie empfanden seinen Umzug an den Golf als eine Flucht vor der Justiz.

Eine Demütigung für die spanische Demokratie

Die Regierung in Madrid und angeblich auch König Felipe hatten sich einen diskreteren ersten Heimatbesuch gewünscht. „Alle spanischen Bürger verdienen eine Erklärung“, forderte Wirtschaftsministerin Nadia Calviño. Der emeritierte Monarch sollte nur zurückkehren, um sich den spanischen Justizbehörden zu stellen, sagte die Ministerin für soziale Rechte, Ione Belarra, die der linksalternativen Podemos-Partei angehört. Die Tatsache, dass Juan Carlos straffrei blieb, sei „demütigend für die spanische Demokratie“.

Ministerpräsident Pedro Sánchez und andere Regierungsmitglieder hatten zuvor eine Entschuldigung gefordert für seine finanziellen und privaten Affären, bei denen er sich alles andere als vorbildlich erwiesen habe. Auch deshalb durfte er nicht im Zarzuela-Palast übernachten, der keine private Residenz, sondern der offizielle Sitz des spanischen Staatschefs sei, wie es in Madrid hieß. Bisher hatte Juan Carlos nur in einem Brief an seinen Sohn Felipe im März sein Fehlverhalten „von ganzem Herzen“ bedauert und angekündigt, dass er nicht wieder in Spanien wohnen werde, sondern sein Land nur noch besuchen wolle.

Juan Carlos hofft offenbar, dass sich die Spanier langsam wieder an seine Nähe gewöhnen und seine Besuche bald nicht mehr für Schlagzeilen sorgen. Den alten König zieht es hinaus aufs Meer. Schon im Juni könnte er für zwei Wochen zurück sein, wenn an der galicischen Küste die Weltmeisterschaft in der Sechs-Meter-Klasse ausgetragen wird. Am Steuer der „Bribón“ hatte er zusammen mit seinen Segelfreunden den Titel gewonnen. Am Nachmittag besuchte er nur kurz das Segelboot und dessen Mannschaft am Hafen, übernahm aber nicht das Steuer. Von einem Begleitschiff aus verfolgte er den Wettkampf um den Interrías-Pokal, den Probelauf für die Weltmeisterschaft.

quelle

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