Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa hat seine Bekanntgabe, das Land werde sich vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) zurückziehen, wieder zurückgenommen. Wie sein Sprecher am späten Dienstagabend mitteilte, handelte es sich um einen „bedauerlichen Fehler“. Südafrika bleibe ein Vertragsstaat.
Ramaphosa hatte auf einer Pressekonferenz mit dem finnischen Präsidenten Sauli Niinistö, der derzeit Südafrika besucht, auch international großes Aufsehen ausgelöst. „Der ANC hat die Entscheidung getroffen, dass es klug ist, dass Südafrika aus dem IStGH austritt“, sagte er und verwies auf „die unfaire Behandlung von Staaten“ durch den Gerichtshof, die auch Amnesty International kritisiere. Es werde eine Angelegenheit sein, die weiterverfolgt werde.
Einige Stunden später korrigierte zuerst die Regierungspartei Afrikanischer Nationalkongress (ANC) die Aussage. Auf ihrem Parteitag im Dezember habe die Partei beschlossen, einen früheren Plan, aus dem IStGH auszutreten, fallen zu lassen. Diesen Beschluss habe die Parteispitze auf einem Treffen am Wochenende bestätigt. Sie habe einen Austritt zwar erörtert, ihn aber als letztes Mittel in Erwägung gezogen, falls andere Optionen „nicht zu den gewünschten Ergebnissen in Bezug auf Fairness und Kohärenz bei der Anwendung des Völkerrechts führten“. In den sozialen Medien vermuteten Rechtsexperten, der Präsident habe den Text nicht richtig gelesen oder sei schlecht informiert worden.
Eine Verhaftung Putins gilt als unwahrscheinlich
Auslöser der Debatte ist die Einladung des russischen Präsidenten Wladimir Putin zum BRICS-Gipfeltreffen im August in Johannesburg. Südafrika hat derzeit den Vorsitz der BRICS-Gruppe (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) inne. Seit der IStGH einen Haftbefehl gegen Putin wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine erlassen hat, wird darum gerungen, wie die Behörden reagieren, sollte der russische Präsident tatsächlich südafrikanischen Boden betreten.
Eine Verhaftung, zu der ein Vertragsstaat des Gerichtshofs verpflichtet ist, gilt als höchst unwahrscheinlich. Südafrikas Regierung pocht auf Neutralität im Hinblick auf den Ukraine-Krieg, hebt aber bei jeder Gelegenheit die freundschaftlichen Beziehungen zu Russland hervor. Im Februar fand eine gemeinsame Militärübung mit China und Russland statt, auch der russische Außenminister Sergej Lawrow wurde von seiner südafrikanischen Amtskollegin herzlich empfangen. Bisher hieß es von Regierungsseite nur, man bemühe sich um Rechtsrat, um einen Weg aus dem Dilemma zu finden.
Rückzug wird erst Monate später wirksam
In einer ähnlich schwierigen Lage befand sich Südafrika 2015, als der ebenfalls vom IStGH angeklagte sudanesische Diktator Omar al-Baschir für ein Gipfeltreffen der Afrikanischen Union eingereist war. Während ein Gericht noch über das weitere Vorgehen beriet, wurde ihm damals die Flucht ermöglicht. Ein Jahr später hatte der ehemalige Präsident Jacob Zuma eine Abkehr vom Strafgerichtshof vorgeschlagen. Die Verabschiedung eines dafür notwendigen nationalen Gesetzes aber zog sich über Jahre hin, bis der ANC im Dezember beschloss, das Gesetzesvorhaben aufzugeben.
Selbst wenn die Regierung einen Rückzug abermals auf den Weg bringen sollte, wäre er keine Lösung für den BRICS-Gipfel. Wie Rechtsexperten in Südafrika erklärten, wird eine solche Ankündigung erst zwölf Monate später wirksam. Außerdem müsste abermals ein langwieriges Gesetzgebungsverfahren im Parlament gestartet werden. Bisher ist unklar, ob der russische Präsident physisch an dem Gipfeltreffen teilnehmen wird.