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Alles Leben produziert Methan

Es ist nach Kohlenstoffdioxid das Treibhausgas mit dem zweitgrößten Beitrag zur aktuellen Klimaerwärmung: Methan steht nicht ohne Grund schon länger im Fokus wissenschaftlicher Forschung. Bislang gingen Experten davon aus, dass spezielle Mikroorganismen für die Produktion des Gases verantwortlich sind. Nun konnten Forschende der Universität Heidelberg zeigen, dass Methan auch durch einen rein chemischen Mechanismus entsteht, der in jeglicher Art von Organismus ablaufen kann. „Diese Studie ist ein Meilenstein in unserem Verständnis der aeroben Methanbildung in der Umwelt“, wird der Geowissenschaftler Frank Keppler in einer Mitteilung der Max-Planck-Gesellschaft zitiert. „Der universelle Mechanismus erklärt auch die früheren Beobachtungen zur Freisetzung von Methan aus Pflanzen.“

Dass Methan nicht nur durch Mikroorganismen in Kuhmägen oder Reisfeldern gebildet wird, war in den vergangenen fünfzehn Jahren immer offensichtlicher geworden. Die Entstehung des Treibhausgases konnte nacheinander in Pilzen, Algen und Cyanobakterien nachgewiesen werden. Nur der Prozess dahinter blieb unklar: Die Vermutung, es mit einer enzymatischen Reaktion zu tun zu haben, konnte erst jetzt widerlegt werden. Die in „Nature“ veröffentlichten Ergebnisse legen nahe, dass Methan unter Sauerstoffbedingungen immer dann gebildet wird, wenn Zellen über ausreichend Eisen, methylierte Schwefel- oder Stickstoffverbindungen sowie oxidierende Moleküle verfügen. Spezielle Enzyme oder Katalysatoren sind nicht nötig. Der Mechanismus, heißt es in der Studie, eröffne „einen völlig neuen Blick auf die Bildung und den biochemischen Kreislauf von Methan“.

Zunächst hatten die Forschenden den Mechanismus anhand des Bakteriums Bacillus subtilis nachgewiesen. Im Anschluss konnte die sauerstoffbasierte Bildung von Methan in mehr als dreißig Modellorganismen beobachtet werden, darunter neben Bakterien, Archaeen, Hefepilzen, Pflanzenzellen auch menschliche Zelllinien. Methan, schreiben die Wissenschaftler, könnte ein „universelles Nebenprodukt von Leben sein“, eine „konservierte Eigenschaft aller lebender Systeme“.

Besonders bedeutsam: Die Versuche bestätigen, dass Methanbildung direkt von der Stoffwechselaktivität und somit dem Stressniveau eines Organismus abhängt. Die Reaktion werde durch Biomoleküle wie ATP und NADH, die mit erhöhter Stoffwechselaktivität einhergehen, signifikant verstärkt. Denkbar sei es demzufolge, dass durch die schnelle Klimaerwärmung ausgelöster Stress zu höheren Methanemissionen von Organismen führt. Genaue Zahlen würden noch nicht vorliegen, teilt Erstautor Keppler auf Nachfrage mit. Hierzu sei in Zukunft ein „enormer experimenteller und analytischer Aufwand“ von Nöten. Durch die Studie eröffnet sich noch eine zweite neue Möglichkeit: Schwankungen im Methangehalt der Atemluft könnten zukünftig genutzt werden, um auf alters- oder stressbedingte Stoffwechselveränderungen zu schließen.

quelle

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