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China, Russland und ein bisschen Klima

Der prominente Besucher aus der Ukraine wirft den Zeitplan des G-7-Gipfels kräftig durcheinander. Kurz nachdem Präsident Wolodymyr Selenskyj mit dem Flugzeug im japanischen Hiroshima gelandet ist, haben die Staats- und Regierungschefs der sieben größten demokratischen Volkswirtschaften überraschend und einen Tag vor dem Ende des Treffens schon ihre Abschlusserklärung veröffentlicht. Der Sonntag soll sich dann voll und ganz um den Gast aus der Ukraine drehen.

Neben abermals klaren Worten gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine und einer umfassenden Übereinkunft zum weiteren Vorgehen gegen China beinhaltet das 52 Seiten starke Dokument auch ein Bekenntnis zum Kampf gegen den Klimawandel und Forderungen nach einer Regulierung Künstlicher Intelligenz. Über einen ebenfalls am Samstag beschlossenen „Hiroshima Action Plan“ wollen die G-7-Chefs zudem „den stabilen Zugang zu erschwinglichen, sicheren, ausreichenden und nährstoffreichen Lebensmitteln“ ermöglichen.

Besonders bemerkenswert bleibt aber, wie ausführlich sich die Staatengruppe, zu der neben den Vereinigten Staaten, Deutschland und Japan auch Frankreich, England, Italien und Kanada sowie die Europäische Union gehören, ihre gemeinsame Haltung gegenüber China formulieren und das Land dazu auffordern, nach den internationalen Regeln zu spielen. Unter anderem rufen sie China dazu auf, gegenüber Russland darauf zu dringen, „dass es seine militärische Aggression stoppt und seine Truppen unverzüglich, vollständig und bedingungslos aus der Ukraine abzieht“.

„Wir lehnen Chinas Aktivitäten zur Militarisierung ab“

Zugleich üben die Staats- und Regierungschefs scharfe Kritik an Chinas eigenem zunehmend aggressiven Handeln gegenüber dem selbstverwalteten Taiwan und an dessen forschen Agieren in der Weltwirtschaft. „Wir sind nach wie vor ernsthaft besorgt angesichts der Lage im Ost- und Südchinesischen Meer. Wir lehnen einseitige Versuche zur gewaltsamen oder erzwungenen Änderung des Status quo entschieden ab“, heißt es in der Abschlusserklärung. „Wir bekräftigen die Bedeutung von Frieden und Stabilität in der gesamten Taiwanstraße als unverzichtbar für Sicherheit und Wohlstand der internationalen Gemeinschaft.“ Für Chinas expansive maritime Ansprüche im Südchinesischen Meer sehen die G-7-Staaten keine Rechtsgrundlage, „und wir lehnen Chinas Aktivitäten zur Militarisierung in der Region ab“.

Die Staats- und Regierungschefs strecken in dem Dokument aber durchaus auch die Hand Richtung Peking aus. „Wir sind bereit, konstruktive und stabile Beziehungen mit China aufzubauen“, heißt es. Angesichts seiner Rolle innerhalb der internationalen Staatengemeinschaft und der Größe seiner Volkswirtschaft sei es notwendig, bei globalen Herausforderungen sowie in Bereichen von gemeinsamen Interesse mit China zusammenzuarbeiten. „Unsere Politik soll China nicht schaden und wir haben nicht die Absicht, den wirtschaftlichen Fortschritt und die wirtschaftliche Entwicklung Chinas zu behindern“, bekräftigen die Staatenlenker. „Ein wachsendes China, das sich an die internationalen Regeln hält, wäre von globalem Interesse.“

Insofern setze die Siebenergruppe auch nicht auf eine Entkopplung von China oder auf Abschottung. Sehr wohl sei es aber wichtig, die eigene wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit durch Risikominderung und Diversifizierung zu verbessern. Das entspricht den Erwartungen, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Vorfeld des Gipfels mit Blick auf China geäußert hatte.

Der Handel soll nicht über Gebühr eingeschränkt werden

Kritik äußern die Staats- und Regierungschefs an Chinas „nicht marktorientierten Strategien und Praktiken“, die weltweit zu wirtschaftlichen Verzerrungen führten. „Wir werden böswilligen Praktiken entgegenwirken, beispielsweise unrechtmäßigem Technologietransfer oder unrechtmäßiger Datenpreisgabe.“ Zur Stärkung der wirtschaftlichen Sicherheit der sieben Staaten hatten die Partner schon früher am Tag eine eigene Erklärung abgegeben, in der es unter anderem darum ging, bestimmte moderne Technologien so zu schützen, dass sie nicht in einer Weise genutzt würden, „um unsere nationale Sicherheit zu bedrohen“. Sie betonen aber, dass dadurch Handel und Investitionen nicht über Gebühr eingeschränkt werden sollten. Damit bleibt die Einigung ein ganzes Stück weit hinter der Kontrolle von Auslandsinvestitionen zurück, wie sie die Amerikaner vor dem Gipfel ins Spiel gebracht hatten.

Mit Blick auf den Klimaschutz bekennen sich die G 7 zum Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen, und nehmen dabei vor allem die Dekarbonisierung des Autoverkehrs ins Visier. Das von der EU-Kommission beschlossene Verbrenner-Aus bis 2035 wird explizit als ein Weg zu diesem Ziel hervorgehoben, aber auch die Wege anderer G-7-Staaten, wie die Förderung nachhaltiger CO2-neutraler Brennstoffe.

Neue finanzielle Zusagen machen die Partnerstaaten nicht. Stattdessen bekräftigen sie ihr Ziel vom vergangenen Jahr, 600 Milliarden Dollar bis zum Jahr 2027 für globale Infrastruktur und Investitionen zu mobilisieren, sowie bis zum Jahr 2025 jährlich 100 Milliarden Dollar dafür aufzubringen, die Folgen des Klimawandels für besonders stark betroffen Staaten zu mindern.

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