Frankfurt Magzin

Juwelendiebe gerieten vor Einbruch in Polizeikontrolle – und durften weiter fahren

Der Serie von verpassten, im Grunde hundertprozentigen Chancen, wie der Einbruch ins Dresdner Grüne Gewölbe hätte verhindert werden können, wurde am Dienstag eine weitere Folge hinzugefügt. Berliner Polizisten, die als Zeugen zum Prozess in Dresden angereist waren, berichteten, wie sie am späten Abend des 24. November 2019 in der Hauptstadt ein Auto mit auffälligen Insassen, einem ebensolchen Fahrstil und Kofferrauminhalt gestoppt hatten.

„Es war eine auffällige Fahrweise“

Einer der Beamten erzählte, wie er in jener Nacht unterwegs war, als er an einer Ampel neben dem Auto mit vier jungen Männer zu stehen kam. Diese ­hätten die Polizisten, eine Zivilstreife, erkannt. Jedenfalls hätten sie hektisch zu tuscheln begonnen sowie insgesamt einen äußerst nervösen Eindruck gemacht. Als sie bei Grün schließlich mit überhöhter Geschwindigkeit davon fuhren, stoppten die Beamten das Quartett.

„Es war eine auffällige Fahrweise“, sagte der Zeuge. Zudem seien die Insassen, allesamt in Jogginganzügen, nicht angeschnallt gewesen. Als die Abfrage der Personalien ergab, dass alle vier bereits einschlägig wegen Einbruchs bei den Strafverfolgungsbehörden aktenkundig waren, schauten die Beamten genauer nach.

Im Kofferraum entdeckten sie in der Ersatzradmulde eine weiße Plastiktüte, deren Inhalt der Fahrer nicht zeigen wollte, da es sich lediglich um Autoreparaturwerkzeug handele. Daraufhin erwirkten die Beamten einen Sofort-Durchsuchungsbeschluss, woraufhin in der Tüte ein Brecheisen sowie zwei Bolzenschneider zum Vorschein kamen.

„Es hat für uns nicht viel Sinn er­geben, wie damit ein Fahrzeug repariert werden soll“, folgerte der Polizeibeamte. In Berlin sei es jedoch „nicht ganz ungewöhnlich, wenn jemand sowas im Kofferraum hat“, erklärte kurz darauf dessen Kollegin, die mit ihm auf Streife war.

„Bruder, warum verfolgt dich Kripo?“

Das war zugleich die Begründung, warum die in anderen Gegenden als klassisches Einbruchswerkzeug geltenden Geräte nicht beschlagnahmt worden seien. Stattdessen habe man die Observation des Fahrzeugs beauftragt, womöglich hätte sich ja tatsächlich noch eine Straftat ergeben können. Irgendwann jedoch, so schildert es ein weiterer Beamter, habe man die Information bekommen, dass die Observation abgebrochen sei.

Die Straftat allerdings folgte nur wenige Stunden später und 200 Kilometer südlich, wo am frühen Morgen des 25. November Diamanten und Juwelen im Wert von rund 114 Millionen Euro aus der einstigen Schatz­kammer Augusts des Starken gestohlen wurden. Drei der Insassen des in Berlin kontrollierten Autos sitzen deshalb auf der Anklagebank des Land­gerichts Dresden, genauso wie drei weitere Angeklagte. Sie alle gehören einer für ihren kriminellen Teil berüchtigten Berliner Großfamilie an.

Der Fahrer jenes Autos wiederum, Jihad R., war Mitte Mai auf spektakuläre Art festgenommen worden, nachdem er als Zuschauer den Prozess gegen seine Verwandten verfolgt hatte. Inzwischen befindet er sich wieder auf freiem Fuß. Ein Ermittler, der mit der Auswertung des Mobiltelefons von Jihad R. beauftragt war, schilderte, dass dieser nach der Kontrolle sehr aufgeregt mit anderen Verwandten gechattet habe. „Bruder, warum verfolgt dich Kripo?“, sei er unter anderem gefragt worden. Bei der Auswertung der Google-Suche auf dem Handy seien dann Suchbegriffe wie „Sicherungsanlagen ausschalten“, „Panzerglas durchbrechen“ und „Hydraulikschneider“ aufgefallen – alles Dinge, die beim Jahrhunderteinbruch in Dresden zum Einsatz kamen. Der Prozess wird fortgesetzt.

quelle

FrankfurtMagzin

Read Previous

Moldau: Chaos im Transitverkehr

Read Next

Wie gefährlich ist das Bornavirus?

Leave a Reply

Your email address will not be published.