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Klimawandel hat Rekordhitze im Frühjahr angeheizt

Die wochenlange Hitze im April, die den Süden der iberischen Halbinsel und die angrenzenden nordafrikanischen Staaten nach einer ohnehin schon desaströsen, historischen Dürreperiode getroffen hat, wäre ohne den Klimawandel praktisch nicht möglich gewesen. Der international besetzten „World Weather Attribution“-Initiative (WWA) zufolge hat die Erderhitzung die Wahrscheinlichkeit einer so extremen Hitzewelle in der Region um das Hundertfache erhöht – und das sei noch eher „extrem vorsichtig“ geschätzt.

Die Forschergruppe ist aus Klimatologen zusammengesetzt, die mithilfe von Messdaten, statistischen Methoden und Klimamodellen eine Kausalität zwischen Klimawandel und einzelnen Wetterereignissen herzustellen versuchen.

Seit einigen Jahren gewinnt dieses als Zuordnungsforschung (Attribution) bezeichnete Verfahren in Wissenschaft und Politik einen immer höheren Stellenwert, nicht zuletzt, weil die sich weiter beschleunigende Erderwärmung immer mehr Extremwetterereignisse und Katastrophen verursacht – oder wenigstens mitverursacht.

Bis zu 39 Grad in Südspanien

Im Falle der April-Hitzewelle im südlichen Spanien, das für diese Jahreszeit extreme Temperaturen von tageweise bis zu 39 Grad erreichte, sowie dem ebenso überhitzten Portugal, Algerien und Marokko (bis zu 41 Grad) sind sich die Attributionsforscher noch sicherer als bei vielen anderen bisher untersuchten Wetterextremen: Die Extremhitze ist das Produkt des Klimawandels und damit das Resultat der Treibhausgasemissionen, die vor allem bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe freigesetzt werden. Sie übertrifft sogar die Erwartungen, die sich aus allen bisher publizierten Klimamodellen ergeben. „Dieses Ereignis ist selbst im Lichte der stark erhöhten Wahrscheinlichkeit, die berechnet wurde, extrem ungewöhnlich“, schreibt die Forschergruppe, an der sich auch Wissenschaftler der betroffenen Region beteiligt haben.

Konkret analysiert wurden die drei extremsten Tage zwischen dem 26. und 28. April. Es ist aber nicht nur die Eintrittswahrscheinlichkeit, die der globale Klimawandel erhöht, auch die Temperaturspitzen werden damit immer mehr zum Problem. Wäre die Welt 1,2 Grad kälter, sprich: auf dem Level vor der Industrialisierung, und wäre dennoch eine Hitzewelle eingetreten, würden die Maximaltemperaturen im Schnitt zwei Grad niedriger ausfallen. Ein für die betroffene Bevölkerung am Ende womöglich entscheidender Unterschied. In der Tat wurden die Menschen im Süden Europas und im Norden Afrikas in einer etwa für die Bauern kritischen Jahreszeit von der Hitze getroffen.

Eine von den Wissenschaftlern zitierte Untersuchung, die vor Jahren in Tunis vorgenommen worden war, kam zu dem Ergebnis, dass jedes zusätzliche Grad Hitze jenseits 31,5-Grad-Außentemperatur die Sterblichkeit pro Tag in der betroffenen Region um zwei Prozent erhöht.

Tatsächliche Opferzahlen aus den aktuell untersuchten Regionen zwischen Spanien und Algerien gibt es naturgemäß noch nicht. Die Aussichten für die Bevölkerung freilich werden nicht besser. Die WWA-Klimatologen haben ausgerechnet, dass sich bei Erreichen einer globalen Erwärmung um plus zwei Grad (verglichen mit dem vorindustriellen Wert) die Maximaltemperaturen in der Region um mindestens ein weiteres Grad erhöhen dürften.

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